Die 1026. Sitzung des Bundesrates

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Minister Laumann
28. Oktober 2022

Die 1026. Sitzung des Bundesrates

Kurz berichtet

Ausgewählte Ergebnisse der 1026. Sitzung des Bundesrates am 28. Oktober 2022

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In der vergangenen Sitzung des Bundesrates wurde der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Peter Tschentscher, zum neuen Präsidenten des Bundesrates gewählt. Er folgt auf den Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow und wird das Amt turnusmäßig für ein Jahr innehaben. Neben energiepolitischen Fragen standen vor allem auch sozialpolitische Vorhaben auf der Tagesordnung.

Energiepolitik

Der Bundesrat hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes zur Verlängerung des sogenannten Spitzenausgleichs beraten. Der Vorschlag ist Teil des auf Bundesebene beschlossenen „Dritten Entlastungspakets“ und soll die energieintensiven Unternehmen angesichts der hohen Preise unterstützen. Insbesondere wird der so genannte Spitzenausgleich, also Steuerentlastungen für Unternehmen des produzierenden Gewerbes, die zunächst nur bis Ende 2022 gesetzlich verbindlich geregelt waren, befristet bis zum 31.12.2023 verlängert. Diese Steuerentlastungen ermöglichen es den Unternehmen für alle Energie- und Stromverbräuche eines Jahres unter rechnerischer Zugrundelegung der Rentenversicherungsbeiträge bis zu 90 Prozent der nach Abzug der allgemeinen Steuerentlastung dann noch verbleibenden Energie- und Stromsteuer auf Heizstoffe und Strom zurückerstattet zu bekommen. Durch die Verlängerung werden rund 9.000 energieintensive Unternehmen in Höhe von rund 1,7 Milliarden Euro.

Ebenfalls auf der Tagesordnung stand ein Gesetzentwurf zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht. Er soll durch weitere Änderungen im Baugesetzbuch einen Beitrag zur Energiesicherheit und eine weitere Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien bewirken, etwa indem er kurzfristig mehr Flächen für den Ausbau verfügbar macht.

Mit der Änderung des Stabilisierungsfondsgesetzes zur Reaktivierung und Neuausrichtung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds hat der Bundesrat der Finanzierung eines Abwehrschirms in Höhe von 200 Milliarden Euro zugestimmt, der die Folgen der gestiegenen Gas- und Strompreise abmildern soll. Damit werden haushaltpolitisch die finanziellen Voraussetzungen für die geplante Gaspreisbremse und Strompreisbremse geschaffen.

Den Bundesrat passierte ferner eine Änderung des Atomgesetzes, die die mögliche Laufzeit der drei noch im Betrieb befindlichen Kernkraftwerke Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2 bis längstens 15.04.2023 verlängert. Neben anderen Maßnahmen wie etwa Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz, Regelungen zur Rückkehr von Kohlekraftwerken an den Markt, Maßnahmen zur kurzfristigen Steigerung der erneuerbaren Energien sowie zur erhöhten Nutzung der bestehenden Stromnetzinfrastruktur, ist dies ein weiterer Baustein zur Sicherung der Energieversorgung Deutschlands. Der befristete Weiterbetrieb der drei Kernkraftwerke wurde in einer Sonderanalyse der vier regelzonenverantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber für die Stromversorgung für den Winter 2022/23 („Stresstest“) als weiterer Baustein zur Lösung der oben aufgeführten Problematik identifiziert. Weiterhin kann der Einsatz der drei Kernkraftwerke im Winter 2022/23 auch das Stromnetz im europäischen Ausland bei drohenden Leistungsdefiziten, insbesondere in Frankreich, unterstützen. Eine Stellungnahme des Bundesrates wurde nicht beschlossen.

Bürgergeld

„Ein System der Grundsicherung, das 18 Jahre alt ist, kann eine Reform vertragen.“ Der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann stellt zur Debatte fest, dass es grundsätzlich zwei Perspektiven zum Bürgergeld gebe, zu dem die Vorstellungen teils weiter auseinander gingen. Beide Denkrichtungen gelte es zu integrieren, um zu einem stimmigen Gesamtkonzept zu gelangen. Die eine Seite betont die Solidarität der Gesellschaft gegenüber den Empfängern der Grundsicherung. Die andere Denkrichtung weist auf die Belastung der Beitrags- und Steuerzahler hin und fordert Solidarität mit den Menschen, die die Leistungen für andere erst aufbringen. Die Erhöhung der Regelsätze sei, auch angesichts der hohen Inflation, ein Schritt in die richtige Richtung. Man müsse aber auch das Abstandsgebot zwischen Grundsicherung und Erwerbseinkommen im Niedriglohnbereich im Auge behalten. Eindringlich warb der Minister dafür, mehr Elan zu entfalten, um die Tarifbindung im Niedriglohnbereich zu erhöhen. Für begrüßenswert erachtet Laumann die Überlegungen zu Weiterbildung und Umschulung und wies auf das Paradoxon hin: „Wir brauchen Milliarden für Arbeitslose, gleichzeitig können Arbeitsplätze nicht besetzt werden.“ Kernaufgabe der Jobcenter müsse sein und bleiben, über Betreuung, Begleitung, Vermittlung in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Jobcenter dürften nicht zu reinen Auszahlungsstellen werden. In dem Reformpaket sieht Laumann einen ersten Vorschlag, über den vernünftig auszutauschen sich lohne, der aber in seiner jetzigen Form noch nicht zustimmungsfähig sei.

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem die Grundsicherung für Arbeitsuchende durch die Einführung eines Bürgergeldes erneuert werden soll. Die Reform umfasst Regelungen zum SGB II, der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Dort gelten für Auszubildende, Schüler und Studierende, die Bürgergeld beziehen, gelten höhere Freibeträge für die Ausbildungsvergütung oder den Nebenjob. Vermögen und Angemessenheit der Wohnung werden erst nach 24 Monaten Bürgergeldbezug überprüft. Nach Ablauf einer Karenzzeit von 24 Monaten ist ein höheres Schonvermögen, also Vermögen, das trotz Leistungsbezug unangetastet bleibt, als bisher vorgesehen. Rücklagen für die Altersvorsorge werden ebenfalls stärker geschützt. Beim Wohneigentum werden feste Quadratmeterzahlen für die Angemessenheit festgelegt unabhängig von der Personenzahl. Während einer zweijährigen Karenzzeit werden die tatsächlichen Aufwendungen der Bedarfe für Unterkunft und Heizung übernommen. Eine Angemessenheitsprüfung findet nicht statt. Der Gesetzentwurf will einen rechtlich unverbindlichen Kooperationsplan als „roten Faden“ im Eingliederungsprozess mit anschließender Vertrauenszeit einführen. Der Vermittlungsvorrang in eine Erwerbstätigkeit wird abgeschafft. Der Gesetzesvorschlag  sieht die Einführung eines Bürgergeldbonus‘ in Höhe von monatlich 75 Euro für die Teilnahme an Maßnahmen, die für eine nachhaltige Integration von besonderer Bedeutung sind, vor. Die sanktionsfreie Vertrauenszeit beginnt mit Erstellung eines Kooperationsplans zur Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit. Nach der Vertrauenszeit schließt sich die Kooperationszeit an, in der wegen Pflichtverletzungen nach Aufforderungen mit Rechtsfolgenbelehrung zunächst 20 Prozent und dann im Weiteren höchstens 30 Prozent des maßgebenden monatlichen Regelbedarfs gemindert wird. Kosten der Unterkunft und Heizung werden nicht gemindert. Während der Vertrauenszeit erfolgen nur bei einem wiederholten Meldeversäumnis Leistungsminderungen in Höhe von 10 Prozent des monatlichen Regelbedarfs begrenzt auf einen Monat.

Wohngeld

Der Bundesrat hat zur geplanten Wohngeldreform der Bundesregierung Stellung genommen. Das Ziel des Wohngeldes ist die wirtschaftliche Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens. Dieses Ziel kann vor dem Hintergrund der Erfordernisse zur umfassenden energetischen Sanierung des Gebäudebestandes und vor allem angesichts der stark steigenden Energiepreise und der gegenwärtigen Inflation aktuell auch mit dem durch die Fortschreibung des Wohngeldes zum 1. Februar 2020 festgelegten Leistungsniveau und der Reichweite des Wohngeldes nicht erreicht werden. Bemessungsgrundlage des Wohngeldes ist die Bruttokaltmiete. Kosten für Heizung und Warmwasser werden bei den Belastungen bisher nicht berücksichtigt. Die zusätzliche Wohnkostenbelastung in Folge der Transformation des Gebäudebestandes hin zu einem energieeffizienten Bestand wird in der Zukunft weiter zunehmen. Die sich hieraus ergebenden strukturellen Mieterhöhungen im gesamten Wohnungsbestand werden im derzeitigen Wohngeldsystem nicht ausreichend berücksichtigt.

Die Wohngeldreform führt eine dauerhafte Heizkostenkomponente ein, die als Zuschlag auf die zu berücksichtigende Miete oder Belastung in die Wohngeldberechnung eingeht. Durch die Einführung einer Klimakomponente im Wohngeld erfolgt ein Zuschlag auf die Höchstbeträge der zu berücksichtigenden Miete oder Belastung in der Wohngeldberechnung. Damit können strukturelle Mieterhöhungen im Wohngeld aufgrund energetischer Maßnahmen im Gebäudebereich oberhalb der bisherigen Höchstbeträge berücksichtigt werden. Eine ergänzende Anpassung der Wohngeldformel soll auch an den Einkommensrändern eine durchschnittliche Wohnkostenbelastung von rund 40 Prozent gewährleisten und zusätzlichen Haushalten einen Anspruch auf Wohngeld ermöglichen.

Über die Erhöhung des Wohngeldes hinaus enthält die Wohngeldreform weitere Elemente, die sowohl dem vereinfachten und beschleunigten Bezug des Wohngeldes als auch der Entlastung der Verwaltung dienen sollen: Um in Einzelfällen oder bei erhöhtem Geschäftsgang in den Wohngeldbehörden eine zügige Auszahlung der erhöhten Wohngeldbeträge zugunsten der Wohngeldhaushalte zu ermöglichen, ist die Möglichkeit einer vorläufigen Zahlung vorgesehen. Diese vorläufige Zahlung steht für den Fall, dass kein Wohngeldanspruch bestanden hat, unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Um den Wohngeldbehörden in Bezug auf die Bemessung des Bewilligungszeitraumes mehr Flexibilität einzuräumen und die betroffenen Wohngeldhaushalte auch von bürokratischen Verpflichtungen zu entlasten, wurde insbesondere bei gleichbleibenden Verhältnissen die Möglichkeit eröffnet, den Bewilligungszeitraum auf bis zu achtzehn Monate zu verlängern. Bei der Zurechnung einmaligen Einkommens wird der Zurechnungszeitraum zukünftig von drei Jahren auf ein Jahr verkürzt. Dies soll zu Erleichterungen bei der Antrag-stellung führen und den betroffenen Einzelfällen gerecht werden.

Der Bundesrat begrüßt die Anhebung des Wohngeldes kritisiert aber, dass die Ausweitung der Empfängerkreises und die zusätzlichen Verfahren und Prüfungen, die ohnehin schon dünn besetzten Wohngeldbehörden vor kaum zu bewältigende Herausforderungen stellt. Längere Bearbeitungszeiten wären die unweigerliche Folge, so dass die Leistungen nicht rasch und sicher dort ankommen, wo sie benötigt werden. Der Gesetzentwurf geht nun zur weiteren Beratung an den Bundestag.

Finanzierung der Gesetzlichen Krankenkassen

„Es ist seit Jahren das erste Mal, dass wir wieder über ein Spargesetz im Gesundheitswesen beraten müssen. Die Deckungslücke hat mit 17 Milliarden Euro ein historisches Ausmaß erreicht.“ Nordrhein-Westfalen, das sagte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann im Bundesrat, trägt das Gesetz zur GKV-Finanzierung mit, weil unmittelbarer Handlungsdruck besteht, aber das Gesetz hält nicht, was es verspricht. Es werden lediglich Löcher gestopft und die Kosten zum größten Teil dem Beitragszahler aufs Auge gedrückt, so Laumann. Die finanzielle Schieflage ist eingetreten trotz eines Allzeithochs an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Der Bund habe sich aus der Verantwortung gestohlen. Zum einen ist die Erhöhung der Beiträge des Bundes für ALG-II-Bezieher nicht geregelt – der Bund zahlt lediglich 100 Euro statt der benötigten 250 Euro im Monat –, zudem sei der Zusatzbeitrag von 0,3 Prozent nicht paritätisch finanziert. Auch werde der Bundeszuschuss nur um zwei Milliarden Euro erhöht und nicht, wie in den ersten Entwürfen vorgesehen und realistisch benötigt, um fünf Milliarden Euro. Zudem werden das Problem der versicherungsfremden Leistungen nicht angegangen. Die Länder haben diese und andere Anregungen im Gesetzgebungsverfahren unlängst gegeben, sie wurden aber nicht berücksichtigt. Die Bundesregierung forderte Laumann auf, eine nachhaltige Reform der Finanzen der Krankenkassen in Angriff zu nehmen und zu einer großen Finanzierungsreform mit den Ländern ins Gespräch zu kommen.

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, um der größer werdenden Finanzierungslücke innerhalb der GKV zu begegnen. Steigende Ausgaben im Leistungsbereich und verminderte Beiträge führen dazu, dass im Jahr 2023 voraussichtlich ein finanzielles Defizit von 17 bis 19 Milliarden Euro in der GKV bestehen wird. Um die Einnahmebasis zu verbreitern, soll der reguläre Bundeszuschuss soll 2023 um 2 Milliarden erhöht und ein Bundesdarlehen in Höhe von einer Milliarde Euro gewährt werden. Das Darlehen muss zinsfrei bis spätestens 2026 zurückgezahlt werden. Der Zusatzbeitrag soll durch die Krankenkasse erst erhöht werden dürfen, wenn die Rücklagen maximal 0,5 Monatsausgaben (zuvor 0,8 MA). Die Abschmelzung der Reserven ist auch Voraussetzung für das Bundesdarlehen. In Summe soll die Abschmelzung der Reserven Einnahmen in Höhe von rund vier Milliarden Euro erzielen. Aus nordrhein-westfälischer Sicht ist wichtig, dass Ausnahmeregelungen für kleinere Krankenkassen bleiben bestehen. Zuweisungen an die Krankenkassen für Verwaltungsausgaben werden 2023 um 25 Mio. € gemindert und der Anstieg der sachlichen Verwaltungsausgaben der Krankenkassen für 2023 wird auf 3,0 % gegenüber dem Vorjahr begrenzt. Des weiteren werden durch, Effizienzverbesserungen in der Versorgung Einsparungen in Höhe von ca. drei Milliarden Euro erwartet. Zur Stabilisierung der Arzneimittelausgaben wird das Preismoratorium über den 31.12.2022 hinaus um weitere vier Jahre verlängert und der Apothekenabschlag für die Dauer von zwei Jahren auf zwei Euro statt bisher 1,77 Euro erhöht. Außerdem wird der Herstellerabschlag für patengeschützte Arzneimittel für ein Jahr um fünf Prozentpunkte angehoben.
 

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