Die 976. Sitzung des Bundesrates

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976. Bundesrat Minister Stephan Holthoff-Pförtner
12. April 2019

Die 976. Sitzung des Bundesrates

Kurz berichtet

Ausgewählte Ergebnisse der 976. Sitzung des Bundesrates am 12. April 2019

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MFR: Der Mehrjährige Finanzrahmen der EU (2021-2027)

Auf Vorschlag der Europäischen Kommission beschließen Rat und Europäisches Parlament den so genannten Mehrjährigen Finanzrahmen der EU (MFR). Er gilt für mindestens fünf Jahre und legt per Verordnung die jährlichen Obergrenzen der Mittel für die Verpflichtungen und Zahlungen je Ausgabenkategorien der EU fest. Der geltende MFR läuft 2020 aus. Deswegen hat die Kommission im Mai 2018 einen Vorschlag für den nächsten MFR vorgelegt, der von 2021 bis 2027 gelten soll.

Nordrhein-Westfalen  erhält in der laufenden Förderperiode 2014 – 2020 insgesamt rund 1,21 Mrd. Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), 627 Mio. Euro aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) und rund 620 Mio. Euro aus der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU. Zudem haben Forschungseinrichtungen in NRW ca. 940 Mio. Euro aus dem EU-Forschungsrahmenprogramm „Horizon 2020“ erhalten.  Die Umsetzung der Strukturfonds (EFRE und ESF) sowie der GAP ist in Deutschland hauptsächlich Aufgabe der Länder.

Wegen des Brexits ist davon auszugehen, dass der nächste MFR geringer ausfallen wird, als der bisherige. Die Erwartungen an die EU sind indes gestiegen, und viele Aufgaben der Vergangenheit bestehen fort. NRW engagiert sich im Rahmen seines Vorsitzes in der Europaministerkonferenz um die Berücksichtigung der Länderanliegen in den komplexen MFR-Verhandlungen. Zentrale Stichpunkte sind dabei Planungssicherheit für Behörden und Endbegünstigte, der Erhalt von möglichst weitem Gestaltungsspielraum bei der Ausrichtung der Umsetzung in den Ländern, um lokale Bedarfe und Belange möglichst passgenau berücksichtigen zu können, und eine ausreichende Mittelausstattung, um den erwünschten europäischen Mehrwert der Förderung auch wirklich erreichen zu können.

Die Verhandlungen zum MFR bewegen sich auf ihre Schlussphase zu. Im Rat wurden zu vielen Teilbereichen und Programmen der EU bereits partielle Einigungen erreicht. Für die Länder ist es deshalb wichtig, erneut deutlich zu machen, wo sie noch Nachbesserungsbedarf sehen, welche Positionen für sie besonders bedeutend sind und was ihre Erwartungen an die weiteren Verhandlungen sind. Der Bundesrat hatte bereits im Juli 2018 eine Stellungnahme angenommen.

„Der Mehrjährige Finanzrahmen wird wichtige Weichen stellen für die Zukunft der Europäischen Union. Die Verteilung der Haushaltsmittel ist nicht ein technisches Problem, sondern sie bestimmen das Handeln der EU. Deswegen müssen  wir Länder unsere Prioritäten deutlichen machen“, unterstrich NRW-Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner in seiner Rede im Bundesrat.

Die Bundesregierung hat wichtige Aspekte der ersten Stellungnahme des Bundesrates nicht ausreichend umgesetzt, in anderen Bereichen wird aus den EU-Verhandlungen deutlich, dass die Position Deutschlands unter Druck steht. Die Länder beziehen hier deshalb zu jenen Punkten erneut Stellung, wo es also entweder weiterhin Konfliktpunkte mit der Bundesregierung gibt, oder wo sie die Positionierung der Bundesregierung stärken wollen. Ein Beispiel für einen solchen Konfliktpunkt ist die Verknüpfung der Strukturfonds mit dem Europäischen Semester – hier können die Länder das grundsätzliche Anliegen, nämlich die stärkere Ausrichtung der Förderpolitik an übergeordneten gemeinsamen Zielen der europäischen Wirtschaftspolitik, zwar nachvollziehen. Sie befürchten aber im Konkreten eine unverhältnismäßig starke Bevormundung bei der Mittelverwendung und damit verbunden eine sehr starke Einschränkung des Gestaltungsspielraums in den Ländern.

Bessere Arbeitsbedingungen für Paketboten

Der Bundesrat hat eine Entschließung gefasst, um die Arbeitnehmerrechte für Paketboten zu sichern. Dazu will der Bundesrat die so genannte Nachunternehmerhaftung für die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge auf die Unternehmen der Zustellbranche ausweiten. Außerdem richtet sich die Entschließung darauf, die Dokumentationspflichten zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit zu erweitern. Nordrhein-Westfalen hat mit Niedersachsen erfolgreich einen Plenarantrag eingebracht, der eine Nachunternehmerhaftung in der Zustellbranche, analog zu den geltenden Regelungen in der Fleischwirtschaft, fordert. 2017 wurden mit dem Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft die Umgehungen der Pflicht zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen durch die Beauftragung von Nachunternehmern in der Fleischwirtschaft verhindert. Damit wurde eine Unternehmerhaftung für Subunternehmerketten hinsichtlich der Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge eingeführt und der Schutz der Arbeitnehmer verbessert.

Am 8. Februar 2019 hatte der Zoll in einer bundesweiten Razzia die Branche der Kurier-, Express- und Paketdienstleister genauer unter die Lupe genommen. Dabei wurden mehr als 12.000 Fahrer nach ihren Arbeitsbedingungen befragt und in etwa 350 Fällen Geschäftsunterlagen sichergestellt. Auch wenn die Prüfungen noch andauern, förderte die Razzia bereits verheerende Zustände ans Licht: Nicht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge, illegale Beschäftigung, Verstöße gegen den Mindestlohn. Das Hauptzollamt Duisburg meldete als Zwischenergebnis, dass "im Durchschnitt jeder dritte Arbeitgeber im Bereich Paketzusteller und Kurierdienste" zu wenig Lohn zahle. Die Angestellten haben Anspruch auf den Mindestlohn in Höhe von derzeit 9,19 Euro pro Stunde. Der hohe Preisdruck bei der Auftragsvergabe durch Versandhandelsunternehmen an Zustellfirmen und die Auslagerung der Zustellleistung an Subunternehmen werden als Ursache für die Missstände in der Zustellbranche angeführt. Dort werde häufig gegen die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns verstoßen, werden Sozialbeiträge nicht ordnungsgemäß abgeführt sowie Arbeitszeiten nicht ordnungsgemäß erfasst und dokumentiert.

„Faire Arbeit und fairer Wettbewerb gehören für uns in Nordrhein-Westfalen schlicht und ergreifen zusammen“, betonte NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann in seiner Rede im Bundesrat. „Wenn sich ein Unternehmen verpflichtet, faire, gute und auskömmliche Arbeitsbedingungen sicherzustellen, dann muss auch klar sein, dass dies nicht zu einem Wettbewerbsnachteil werden darf“, so der Minister.

Betreuervergütung

Hauptamtliche Betreuer und Vormünder erfüllen eine wichtige soziale Aufgabe. „Ich schätze die Tätigkeit der beruflich tätigen Betreuerinnen und Betreuer sehr und eine faire und angemessene Vergütung für beruflich geführte Betreuungen ist mir ein besonderes Anliegen“, sagte NRW-Justizminister Peter Biesenbach im Bundesrat. Nach 13 Jahren sollen sie endlich eine höhere Vergütung erhalten. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, die Vergütung für Betreuer um durchschnittlich 17 Prozent zu erhöhen. Außerdem sieht die neue Regelung monatliche Fallpauschalen anstelle von den bisherigen Einzelabrechnungen vor. Die Länder unterstützen dieses Vorhaben als längst überfällig. Betreuer haben Anspruch auf eine angemessene Vergütung, die auch die allgemeine Lohn- und Preisentwicklung berücksichtigt. Um die Finanzierung abzusichern und für die Länder leistbar zu machen, fordert der Bundesrat vom Bund, die Mehrbelastung der Landeshaushalte, immerhin an die 157 Millionen Euro jährlich, auszugleichen. Dazu bietet sich an, den Umsatzsteueranteil der Länder entsprechend anzupassen. „Nicht jede im Gesetzentwurf zur Berechnung der Vergütung angeführte Einzelposition findet allerdings meine uneingeschränkte Zustimmung“, so Biesenbach. „Insbesondere ist der für die Vergütungserhöhung berechnete Refinanzierungsstundensatz nach unserer Einschätzung nicht in jeder Hinsicht überzeugend.“ Nordrhein-Westfalen trägt den Gesetzentwurf aber insgesamt mit und begrüßt die Verbesserungen bei der Vergütung von Betreuern und Vormündern.

Beschleunigung des Energieleitungsausbaus

Die Energiewende kann nur gelingen, wenn  die Leistungsnetze, die die Energie transportieren sollen, an veränderte Bedingungen angepasst werden. Zudem muss der Leitungsbau mit Ausbau der Erneuerbaren Energien Schritt halten. Lange Planungs- und Genehmigungsverfahren sind ein wesentlicher Grund dafür, dass der Netzausbau den bisherigen Planungen hinterherhinkt. Das im Bundesrat beratene Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus ist ein weiterer Baustein auf dem Weg, den Energieinfrastrukturausbau zu beschleunigen. Es will dazu Genehmigungsverfahren für den Neubau, die Verstärkung und Optimierung von Stromleitungen vereinfachen und verkürzen. Wichtigster Ansatzpunkt dabei soll eine bessere Verzahnung der verschiedenen Planungsschritte sein. Auch zeitliche Überlappung von bestimmten Verfahrensschritten, vereinfachte Verfahren und Unterstützung der Netzbetreiber bei frühzeitigen Planungen sind vorgesehen, ebenso wie eine bundesweite Vereinheitlichung und Verrechtlichung der Entschädigungen für vom Netzausbau betroffene Grundeigentümer.

Begleitend fasste der Bundesrat eine Entschließung, die drei wesentliche Punkte umfasst: Erstens die Aufforderung zu kurzfristigem Austausch über Einrichtung eines Internet-Artenschutzportals, zweitens die Prüfung der Ausgestaltung der Rahmenbedingungen für Photovoltaikanlagen zu deren Beitragsleistung zur Erreichung des 65-Prozent-Ziels bis 2030 und drittens  die Vorlage einer Neuregelung bis zur Sommerpause zur Besserstellung von Eigenstrom-KWK-Anlagen von 1-10 MW in Bezug auf die EEG-Umlage, u.a. vor dem Hintergrund der aktuellen EuGH-Entscheidung vom 28.03.2019.

NRW-Energieminister Andreas Pinkwart machte im Plenum deutlich: „Wir stehen vor der doppelten Herausforderung des mit neuen Regeln zur Energieunion zusammenwachsenden Europas und dem gleichzeitigen Umbau unserer Energieversorgung nach den Empfehlungen der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung.“

Starke-Familien-Gesetz

Mit breiter Mehrheit hat der Bundesrat dem Gesetz zur zielgenauen Stärkung von Familien und ihren Kindern durch die Neugestaltung des Kinderzuschlags und die Verbesserung der Leistungen für Bildung und Teilhabe zugestimmt. Das Gesetz gestaltet den Kinderzuschlag sowie das Bildungs- und Teilhabepaket neu. Dabei sind für den Kinderzuschlag folgende drei Maßnahmen ab dem 01.07.2019 vorgesehen: Erhöhung des Kinderzuschlags zur durchschnittlichen Bedarfsdeckung des steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimums eines Kindes (inklusive Kindergeld, gesonderte Gewährung der Bildungs- und Teilhabeleistungen); Minderung des Kinderzuschlags durch Kindeseinkommen nur noch zu 45 Prozent; vereinfachte Inanspruchnahme des Kinderzuschlags durch einheitlichen Bewilligungszeitraum von sechs Monaten und durch feste Bemessungszeiträume.

Zum 01.01.2020 sollen in Kraft treten: Abschaffung der harten Abbruchkante für den Kinder-zuschlag durch Aufhebung der oberen Einkommensgrenzen; Minderung des Gesamtkinderzuschlags durch zusätzliches Einkommen der Eltern nur noch zu 45 Prozent; zunächst auf drei Jahre befristete Berechtigung für Kinderzuschlag auch ohne bisherigen Bezug Arbeitslosengeld II, wenn mit Erwerbseinkommen, Kinderzuschlag und ggfs. Wohngeld höchstens 100 Euro fehlen, um Hilfebedürftigkeit nach SGB II zu vermeiden.

Im Bereich der Leistungen für Bildung und Teilhabe sind folgende Maßnahmen ab dem 01.08.2019 vorgesehen: Erhöhung des Betrages für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf; Wegfall der Eigenanteile bei gemeinschaftlicher Mittagsverpflegung und Schülerbeförderung; Regelung zur Unabhängigkeit des Anspruches auf Lernförderung von einer Versetzungsgefährdung; Verwaltungsvereinfachung durch Wegfall gesonderter Anträge für Schulausflüge, Schülerbeförderung, gemeinschaftliche Mittagsverpflegung und Teilhabeleistungen; Einführung der Möglichkeit für Schulen, die Leistungen für Schulausflüge für leistungsberechtigte Kinder gesammelt mit einem zuständigen Träger abzurechnen.

Terminservice- und Versorgungsgesetz

Die Länder billigten das Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung. Damit wird der Terminservice ausgebaut, um gesetzlich Versicherten einen schnelleren und besseren Zugang zu Ärzten zu ermöglichen. Wartezeiten auf Arzttermine für gesetzlich Versicherte sollen verkürzt werden. Auch Haus- und Kinderärzte sollen künftig vermittelt werden. Die Terminservicestelle soll über eine bundesweit einheitliche Notdienstnummer sowie über das Internet ständig erreichbar sein. Das Mindestsprechstundenangebot der Ärzte wird auf 25 Stunden pro Woche ausgedehnt. Bestimmte Facharztgruppen wie Augenärzte, Frauenärzte oder HNO-Ärzte, die zur Grundversorgung gezählt werden, müssen mindestens fünf Stunden pro Woche als offene Sprechstunden anbieten, ohne vorherige Terminvereinbarung. Die Ärzte bekommen die zusätzlichen Aufwendungen vergütet.

Tabakerzeugnisgesetz

Nach mehreren Vertagungen in den letzten Wochen hat der Bundesrat im dritten Anlauf nunmehr dem Tabakerzeugnisgesetz zugestimmt. Ziel des Gesetzes ist es, die EU-Tabakproduktrichtlinie umzusetzen, die ein europaweites Rückverfolgbarkeitssystem vorschreibt. Zur Unterbindung des illegalen Handels mit Tabakerzeugnissen sind diese mit einem individuellen Erkennungsmerkmal und einem fälschungssicheren Sicherheitsmerkmal zu kennzeichnen. Durch das Rückverfolgbarkeitssystem soll der Warenverkehr dieser Erzeugnisse erfasst werden, damit sich die Produkte in der gesamten EU verfolgen lassen. Außerdem soll die Einführung von Sicherheitsmerkmalen die Überprüfung erleichtern, ob die Tabakerzeugnisse echt sind. Regelung eher technischer Details insbesondere zur Generierung und Ausgabe von individuellen Erkennungsmerkmalen und Identifikationscodes durch die Ausgabestelle und zum Verfahren der Antragstellung sollen später noch per Verordnung getroffen werden.

Im Februar hatte im Bundesrat zunächst im Raum gestanden, zu dem Gesetz den Vermittlungsausschuss anzurufen. Streitig war, die Zuständigkeit für die Aufgaben im Zusammenhang mit dem Rückverfolgbarkeitssystem aufzunehmen. Der Bund plädiert für die Marktüberwachungsbehörden der Länder, die Länder für den Zoll. Inzwischen hat der Bund klargestellt: Eine Verlagerung bisheriger Zuständigkeiten des Zolls auf die Länder ist im Rahmen des neuen Rückverfolgbarkeitssystems im Tabakbereich nicht vorgesehen. Vielmehr soll es bei der bisher bestehenden Zuständigkeit bleiben.

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