
Große Erwartungen an die deutsche Europapolitik
Diskussionsverantstaltung vor der deutschen EU-Ratspräsidentschaft
Die Diskussion war dabei in zwei Runden aufgeteilt: Die erste Runde mit dem niederländischen Botschafter Wepke Kingma, der italienischen Journalistin Tonia Mastrobuoni und dem Politikberater Josef Janning konzentrierte sich auf die Sicht von außen. In der zweiten Diskussionsrunde ging es um die innerdeutsche Sichtweise. Dazu diskutierten mit der Leiterin der Europaabteilung im Bundeswirtschaftsministerium Dr. Kirsten Scholl, der Präsidentin der Europäischen Bewegung Deutschland und dem Staatssekretär für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales des Landes Nordrhein-Westfalen Dr. Mark Speich wichtige Beteiligte und mit Prof. Dr. Timm Beichelt von der Europa-Universität Viadrina ein Spitzenforscher zu dem Thema. Moderiert wurden beide Panels von der Europaexpertin der Bertelsmann-Stiftung Isabel Hoffmann.
Der Blick von außen offenbarte schnell die hohen und heterogenen Erwartungen, denen Sich die Deutsche Europapolitik gegenüber sieht. Während Botschafter Kingma die große Übereinstimmung Deutschlands und der Niederlande bei Themen wie dem EU-Haushalt und den strengen Bedingungen für die Auszahlung von EU-Geldern hervorhob, verwies Tonia Mastrobuoni auf die tiefen Narben der Wirtschafts- und Finanzkrise, die nach wie vor das Deutschlandbild in Italien und anderen südeuropäischen Staaten präge. Josef Janning verwies darauf, dass auch im Verhältnis zu Frankreich inzwischen viele Bruchstellen sichtbar geworden seien. Übereinstimmung bestand dahingehend, dass eine bessere Berechenbarkeit auf der Grundlage von grundlegenden europapolitischen Orientierungen der deutschen Europapolitik als wünschenswert erachtet wurde. Diese habe man in den vergangenen Jahren vermisst.
Das zweite Panel zeigte, dass bei den deutschen Akteuren ein großes Bewusstsein hinsichtlich der Herausforderungen und ein großes Verantwortungsbewusstsein für die Zukunft der EU insgesamt vorhanden ist. Zugleich wurde übertriebenen Erwartungen an die deutsche Europapolitik und an die deutsche EU-Ratspräsidentschaft eine Absage erteilt. Denn die Lösungen müssten gemeinsam mit allen EU-Mitgliedstaaten gefunden werden. Ein Konsens bildete sich um den Gedanken, dass sich das rheinländische Motto „man muss auch jönne könne“ auch gut auf die Anforderungen und die Möglichkeiten der Europapolitik anwenden lasse. Dies gälte für die deutsche Europapolitik sowie auch für alle anderen Mitgliedstaaten. Die von der gewählten Kommissionspräsidentin angekündigte Konferenz zur Zukunft Europas bezeichnete Staatssekretär Dr. Mark Speich zugleich als große Chance, um einen solchen gemeinsamen Geist in der EU wieder stärker in den Fokus zu rücken. Wenn dies der deutschen Europapolitik gelänge, so sei damit sicherlich viel erreicht.