Hundert Menschen sind viele Menschen

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Europa erlesen José Luís Peixoto
14. April 2021

Hundert Menschen sind viele Menschen

Der portugiesische Autor José Luís Peixoto las in unserer Reihe „Europa erlesen“ aus seinem vielschichtigen Roman Galveias

In der Reihe „Europa erlesen“ begrüßte Staatssekretär Dr. Mark Speich den portugiesischen Autoren José Luís Peixoto. Dieser las aus dem nach seinem Heimatdorf benannten Roman Galveias, im dem er vor dem Hintergrund eines buchstäblich kosmischen Ereignisses ausdrucksstark und poetisch Menschen und Eigenheiten seiner Heimat aufleben lässt. Auszüge aus der deutschen Fassung trug die Übersetzerin des Werkes Ilse Dick vor. Die Moderation hatte der Leiter des Literaturbüros NRW Michael Serrer.

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Pandemie und Lockdown, daran erinnerte Staatssekretär Dr. Mark Speich eingangs, das ist auch die Zeit zum Lesen. Die Menschen kaufen Bücher. Doch zur Wahrheit gehört auch: Durch den Ausfall aller Lesungen fallen Schriftstellern die Hälfte der Einkünfte weg. Das Literaturbüro Nordrhein-Westfalen arbeitet an digitalen Angeboten. Auch die Reihe Europa erlesen, in dem wir die Literatur des Landes vorstellen, das aktuell die EU-Ratspräsidentschaft innehat, setzen wir digital fort.

Zu Gast war diesmal der portugiesische Autor José Luís Peixoto. Mit im Gepäck: Sein Roman Galveias. Die 1.000-Seelen-Gemeinde Galveias liegt fast in der Mitte Portugals. Ein Örtchen auf dem Lande, ein Ort im Hinterland, abseits der großen Küstenstädte Portugals. Man baut Orangen, Oliven und Wein an und züchtet Geflügel. Es ist das Jahr 1984. Ein Jahrzehnt nach der Nelkenrevolution herrscht Ruhe, kein besonderes Jahr für Galveias. Ein typischer Ort zudem, denn etwa 60 Prozent der Portugiesen leben in Gemeinden mit weniger als 2.000 Einwohnern. Ausgerechnet hier in der portugiesischen Provinz geschieht das Unerwartete. Ein nicht näher bezeichnetes Ding aus dem All rast in Galveias hernieder und erschüttert den Ort mit Explosionen, Lärm und einem anhaltenden Schwefelgestank. Darunter zeigen sich wie im Brennglas die Menschen des Örtchens. Ihre Eigenheiten und Schrullen, Sorgen und Hoffnungen, Freundschaft und Fehde beschreibt Peixoto mit eindringlich-poetischer Bildsprache.

Beeindruckend die Genauigkeit der Schilderung, insbesondere der Naturschilderungen. Man spürt die Landschaft, ist förmlich selbst dabei und lauscht den ausführlich beschriebenen Dorfhunden, die mit eigener Weisheit oft mehr wissen als die Dorfbewohner, auch wenn ihnen die Sprache fehlt. Im Gespräch beschreibt Peixoto die für Portugal typische Trennung zwischen Küste und Hinterland und den Gegensatz zwischen den alle Möglichkeiten bietenden Städten und den besonderen Lebensbedingungen auf dem Lande. Das Leben in einem kleinen Ort ist laut Peixoto etwas Besonderes. Das Individuum wird sichtbarer auf dem Lande. 100 Menschen sind viele Menschen. Es sind konkrete Menschen, Freunde, Verwandte, Bekannte, Berüchtigte, Bewunderte. Sie bilden symbolisch ein großes Kollektiv, sind das Gegenteil von Anonymität. So kommen im Buch auch über hundert Namen vor, konkrete Figuren im Dorf, wo jeder wichtig ist, seine Geschichte hat, die die anderen kennen. Damit ist Galveias vor allem ein Buch über Menschen und ihre miteinander verstrickten Geschichten, die Pexoto in einer sehr sinnlichen Sprache aufleben lässt.

Autor José Luís Peixoto stammt aus Galveias und ging mit 18 Jahren nach Lissabon, wo er Moderne Sprachen und Literaturen (Englisch und Deutsch) an der Universidade Nova de Lisboa studierte. Neben Romanen ist er Autor von Gedichten, Theaterstücken sowie von Reiseliteratur und Kolumnen und wurde mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt, darunter der Literaturpreis „José Saramago“. Mit Galveias erschien mittlerweile sein dritter Roman in deutscher Sprache, nach Das Haus im Dunkel (2015) und Der Friedhof der Klaviere (2017).

Kongenial ins Deutsche übertragen wurde das Werk von der österreichischen Übersetzerin Ilse Dick. Sie verbrachte neben Aufenthalten in Deutschland, Iran und Ägypten mehrere Jahre in Brasilien und Portugal und ist seit Mitte der 1990er Jahre akademisch geprüfte Übersetzerin für Portugiesisch und Englisch.

Seit Mai 2015 präsentiert das Literaturbüro Nordrhein-Westfalen zusammen mit dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales renommierte europäische Autorinnen und Autoren. Sie lesen aus ihren aktuellen Werken und diskutieren über zentrale europäische Fragen. Die Autorengespräche und Diskussionsrunden, die auch regelmäßig in der Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen beim Bund stattfinden, moderiert der Germanist, Philosoph und Politikwissenschaftler Michael Serrer.

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