Digitale Bildung – neue Chancen für die Schule von morgen

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digital.talk NRW Digitale Bildung
12. Juni 2020

Digitale Bildung – neue Chancen für die Schule von morgen

12. Juni 2020 | Neue Veranstaltungsreihe "digital.talk NRW – Zurück in die Zukunft" erfolgreich gestartet

Bald 100 Teilnehmer verfolgten online die Auftaktveranstaltung „Digitale Bildung – neue Chancen für die Schule von morgen“ unserer neuen Reihe „digital.talk NRW – Zurück in die Zukunft“. Experten aus Politik, Bildungsforschung und Praxis diskutierten den Stand der Dinge bei der Digitalisierung der Schulen. Zudem wurde LOGINEO NRW LMS – Das Lernmanagementsystem für NRW und den digitalen Unterricht vorgestellt.

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Unter der kundigen Moderation von Martin Roos – Autor und Journalist aus Düsseldorf – diskutierten Mathias Richter, Staatssekretär im Ministerium für Bildung und Schule des Landes Nordrhein-Westfalen, Professor Birgit Eickelmann, Bildungsforscherin am Lehrstuhl Schulpädagogik der Universität Paderborn und Elmar Welter, stellvertretender Schulleiter der Gesamtschule Jüchen, ausgezeichnet als „MINTfreundliche Schule“ und „Digitale Schule“.


„Wenn man sich für unsere neue Reihe digital.talk NRW ein Thema wünschen könnte, kann es kein besseres geben als digitale Bildung“, stellte Gastgeber und Staatssekretär Mark Speich zu Beginn fest. Durch den Corona-Lockdown der Schulen mussten wir plötzlich über Nacht und flächendeckend etwas tun, was viele nicht für möglich gehalten haben und Schule in digitale Räume führen. Gleichzeit ist auch sichtbar geworden: Es geht nicht nur um digitale Fertigketen, sondern auch um klassische Haltungsfragen und Kulturtechniken. Es reicht nicht aus, nur Technologien zu beschreiben. Der Blick nach innen, das Wachsen des inneren Menschen, ist zentraler Inhalt eines jeden Bildungsprogrammes. Damit ist das Analoge in hohem Maße Voraussetzung für die Anwendung digitaler Technologien. Beide Welten sollte man daher nicht gegeneinander in Stellung bringen, so Mark Speich.


Staatssekretär Mathias Richter aus dem NRW-Schulministerium stellte den Stand der Digitalisierung an Schulen in Nordrhein-Westfalen vor. Um digital unterwegs sein zu können, gilt es, die Schulen an ein schnelles Internet anzuschließen. Verfügten 2017 noch 15 Prozent der Schulen über einen solchen Zugang, sind es derzeit 30 Prozent, im Jahr 2022 sollen es 100 Prozent sein. Hier hilft der Digitalpakt: Die Schulträger beantragen Mittel nach der Bund-Länder-Vereinbarung. Zusätzlich nimmt das Land Mittel für digitale Endgeräte in die Hand. Das NRW-Programm Gute Schule ist mit stolzen zwei Milliarden Euro ausgestattet. Bis 2022 werden knapp sieben Milliarden Euro in die digitale Bildung fließen. Mit LOGINEO ging nun eine digitale Arbeitsplattform an den Start, die helfen kann, Schule digital zu organisieren. Von den 5.500 Schulen in Nordrhein-Westfalen haben in wenigen Monaten bereits 1.000 Schulen den Zugang zu LOGONEO beantragt, derzeit sind 825 online und in der Nutzung. Nordrhein-Westfalen will dieses kostenlose Angebot weiter ausbauen und ein leistungsfähiges und praxistaugliches digitales Umfeld zum Lernen und zur Vermittlung von Lernstoff zu schaffen. Es erweitert das ebenfalls genutzte Lernmanagementsystem Moodle. Kurzfristig soll LOGINEO um einen Messengerdienst und ein Videokonferenz-Tool erweitert werden. Ziel ist indes nicht, den Präsenzunterricht komplett zu ersetzen. Der Ansatz ist, einen pädagogischen Zusatznutzen zum Präsenzunterricht zu generieren. Dies erfordert umfangreiche Fortbildungen der Lehrerinnen und Lehrer und auch der Schulleitungen, denn Digitalisierung ist auch und vor allem ein Prozess der Schulentwicklung. Digitales Lernen erfordert mitunter auch eine andere Pädagogik. Es soll auch im normalen Unterricht stattfinden und dort als digitales Element integriert werden, wo es zweckmäßig erscheint. Als Beispiel nannte der Staatssekretär die Jahrgangsstufe 8 eines Gymnasiums in Münster. Dort wurde die Kurvendiskussion anhand der Flugbahn des Balles im Fußball durchgenommen. So ließ sich ganz konkret verstehen und nachvollziehen, wie Marco Reus einen Ball in den Winkel nagelte – was für Dortmunder wie Schalker gleichermaßen gut zu wissen ist.


Ebenfalls zugeschaltet war Nico Battistini, seines Zeichens Projektleiter LOGINEO NRW. Er zeigte, wie einfach es ist, LOGINEO zu nutzen: Die Lehrerkonferenz beschließt den Einsatz, die Schulleitung beantragt den Zugang, schon drei Stunden später ist man online.


Bildungsforscherin Birgit Eickelmann führt Evakuationsstudien zur digitalen Bildung in Nordrhein-Westfalen durch und kennt den Stand der Praxis beim hybriden Lernen in Präsenz und online gut. Sie verwies auf die KMK-Strategie zur Bildung in der digitalen Welt aus dem Jahr 2016. Dieses für Deutschland erarbeitete Papier beschreibt, welche digitalen Kompetenzen Schülerinnen und Schüler erwerben sollen. Bei den technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen ist Deutschland jedoch noch nicht gut aufgestellt und rangiert auch bei den digitalen Kompetenzen nur im Mittelfeld. Nur 3.3 Prozent der Schülerinnen und Schüler nutzen in der Sekundarstufe regelmäßig digitale Medien im und für den Unterricht. Die Digitalisierung ist aber von der Zukunft aus zu denken: Die Gesellschaft hat sich stark verändert, und weitere digitale Transformationsprozesse stehen bevor. Daher das Ziel: Alle Schülerinnen und Schüler sollen die digitale Gesellschaft mitgestalten können, das müsse aber auch chancengerecht gestaltet werden. Bei der digitalen Bildung lassen sich deutliche soziale Disparitäten feststellen. Auch hier ist bislang der Geldbeutel der Eltern ein entscheidendes Kriterium für die Teilhabe an der digitalen Welt. In Nordrhein-Westfalen hat man aus dem Strategiepapier der Kultusministerkonferenz aus dem Jahr 2016 einen Medienkompetenzplan entwickelt. Lehrpläne gibt es bislang nur für das Gymnasium. Seit Januar 2020 gibt es einen Orientierungsrahmen für die Lehreraus- und -fortbildung. Insgesamt geht die Entwicklung aber zu behäbig und langsam und braucht mehr Dynamik, meint Professor Eickelmann. Dabei spielen drei Stränge eine tragende Rolle: flächendeckend für passende Ausstattung und Rahmenbedingungen sorgen, digitalen Schulunterricht konzipieren und Lehrerinnen und Lehrer qualifizieren. Der Innovationsprozess ist erst dann abgeschlossen, wenn wir gar nicht mehr über Digitalisierung sprechen, weil sie wie selbstverständlich ein Teil der Bildungswirklichkeit ist.


Elmar Welter, stellvertretender Schuldirektor und Praktiker der Gesamtschule Jüchen, bestätigte, dass mehr Dynamik gebraucht wird. Seine Schule hat sich vor drei Jahren auf den Weg gemacht und als Schule im Aufbau die Umbruchsituation gleich für eine digitale Offensive genutzt. Ausgangspunkt für alle Bemühungen ist eine auf die Digitalisierung abgestimmte Infrastruktur, für die der Schulträger sorgen muss und dem Mittel aus verschiedneen Programmen zur Verfügung stehen, also Glasfaseranbindung, gute Ausleuchtung, Präsentationstechnik, Endgeräte. Im digitalen Portfolio seiner Schule befinden sich inzwischen: Eine digitalisierte Schulverwaltung, Klassenbuch, Vertretungsplan, Unterrichtsmanagement, Schülerlogbuch, ein schuleigener Messenger und ein Video-Chat. Dennoch wurde die Schule, wie alle anderen, von der Corona-Situation kalt erwischt und genötigt, einen Gang höher zu schalten. Die eigentliche Marathonstrecke sei aber noch lang, nämlich der pädagogische Weg zur Digitalisierung der Bildung und zum digitalen Unterrichten. Die Gesamtschule Jüchen hat LOGINEO seit November 2018 als Pilotschule getestet und wurde dabei gut von der Medienberatungsstelle NRW supportet. Hundert Prozent der Lehrerinnen und Lehrer an der Schule haben daran teilgenommen, obwohl die Teilnahme freiwillig war. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: LOGINEO ist rechtssicher und datenschutzkonform und wird zentral administriert, supportet und weiterentwickelt. Schülerinnen und Schüler sind jetzt eingebunden, ihnen stehen mit Moodle und LOGINEO zwei starke Elemente für digitales Lernen zur Verfügung. LOGINEO ist ein tolles Tool für Schulen, die ein Starter-Kit brauchen. Allerdings fehlen auch noch wesentliche Elemente: Die Einbindung der Schülerinnen und Schüler in eine einheitliche Kommunikationsstruktur mit E-Mail und passender Dateiverwaltung. Zur Lehrerschaft bemerkte Welter: Wir sind keine Nerds. Getragen wird der Prozess von Kolleginnen und Kollegen, die sich aus Interesse fortgebildet haben und im Haus als Multiplikatoren fungieren. Dies war der Moment des Durchbruchs. Derzeit besteht an der Schule ein Arbeitskreis Digitalisierung mit 18 Lehrerinnen und Lehrern. Die Kompetenz dürfte also in den meisten Schulen vorhanden sein, sie muss nur genutzt werden und Eigendynamik entfalten. Entscheidend sind die Grundhaltung und das Bekenntnis: Wir wollen eine digitalisierte Schule!


Die Reihe "digital.talk NRW – Zurück in die Zukunft" setzen wir am 24. Juni fort. Dann mit dem Thema "Künstliche Intelligenz goes Mittelstand - Made by NRW". Einladung mit Zugangsdaten folgt.

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